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Ein Saal irgendwo. Goethes Geburtstag soll gefeiert werden. Die ersten Besucher haben Platz genommen. Der Pianist spielt sich ein. Die Sängerin scheint sich zu verspäten. Der Bühnentechniker wartet auf die goldene Schrift aus Styropor. Wo bleibt der Festredner? Ein Abend für Bildungsbürger und die anderen.

 

  
FAUST
 

       VORSPIEL AUF DEM THEATER

      Direktor. Theaterdichter. Lustige Person.

  

   DIREKTOR. Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen,

      Und jedermann erwartet sich ein Fest.

      Ich wünschte sehr der Menge zu behagen,

      Besonders weil sie lebt und leben läßt.

         Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen,

       Gelassen da und möchten gern erstaunen.

     Ich weiß, wie man den Geist des Volks versöhnt;

     Doch so verlegen bin ich nie gewesen:

     Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt,

     Allein sie haben schrecklich viel gelesen.

 

 

Was ist ein Klassiker?

Ein Klassiker ist ein Künstler, der von seinem Tode an gerechnet, 100 Jahre überlebt hat.

 Peter Hacks (Klassiker)

 

    Den Soh von der »Frau Rath« kann merr net scheener feiern,

    Net sinniger, als wie in seiner M u t t e r s p r a c h....

    In jedem von uns steckt e Goethe,

    Err kann nor net eraus, deß ist der Schawernack !

       Friedrich Stoltze

 

Das poetische Talent ist  dem Bauer so gut gegeben wie dem Ritter, es kommt nur darauf an, daß jeder seinen Zustand ergreife und ihn nach Würden behandle.

                                           J. W. Goethe

 

 

 „Aus Mangel an Beschäftigung werde ich elend, aus   Mangel an Bewegung krank, und wenn ich keinen andern  Entschluß fasse, so bin ich in kurzer Zeit dem Tode  nahe.“

 „Prächtige Wohnungen machen mich faul und unthätig.    Bequeme Möbel heben mein Denken auf.“

 „Tätig zu sein ist des Menschen erste Bestimmung.“

J.W.Goethe

 

„Goethe war sich deutlich der drohenden Unmöglichkeit aller menschlichen Beziehungen in der heraufkommenden Industriegesellschaft bewußt...“

       Theodor W. Adorno

 

 

„Reichtum und Schnelligkeit ist, was die Welt bewundert  und wonach jeder strebt. Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe und alle möglichen Fazilitäten der Kommunikation sind es, worauf die gebildete Welt ausgeht... Man verspeist im nächsten Augenblick den vorhergehenden, und so springts von Haus zu Haus, von Stadt zu Stadt, von Reich zu Reich und zuletzt von Weltteil zu Weltteil. Alles ist veloziferisch.“ 

 J.W.Goethe

 

  Nein, er gefällt mir nicht, der neue Burgemeister !

  Nun, da er’s ist, wird er nur täglich dreister,

  Und für die Stadt, was tut denn er ?

  Wird es nicht alle Tage schlimmer ?

  Gehorchen soll man mehr als immer,

  Und zahlen mehr als je vorher.

                                                        J.W.Goethe

 

 

Die Scheißkerle sitzen überall auf dem Fasse.

J. W. Goethe

 

Was an einem einzigen Tag der letzten 50 Jahre gedruckt wurde, hat mehr Macht gegen die Kultur gehabt, als sämtliche Werke Goethes für eine solche.                                                                              Karl Kraus

 

 

  Nichts ist widerwärtiger als die Majorität: 

  denn sie besteht aus wenigen kräftigen Vorgängern,

  aus Schelmen, die sich akkomodieren,

  aus Schwachen, die sich assimilieren,

  und der Masse, die nachtrollt,

  ohne nur im mindesten zu wissen,

  was sie will.                                          J. W. Goethe 

 

Republiken hab’ ich gesehn, und das ist die beste,

die dem regierenden Teil Lasten, nicht Vorteil gewährt.

                                                         J. W. Goethe

 

     Oh, laßt dem Dichter seine Lorbeerreiser,

          Ihr Handelsherrn! Behaltet euer Geld.

          Ein Denkmal hat sich Goethe selbst gesetzt.

     In Windeln war er einst euch nah, doch jetzt

         Trennt euch von Goethe eine ganze Welt,

        Euch, die ein Flüßlein trennt vom Sachsenhäuser.

                                                   Heinrich Heine

 

 

   (Goethe) würde den schwarzen Gesellen

   und den braunen Kameraden,

   die für die innere Befreiung Deutschlands

   sich zu opfern bereit waren,

   seinen Gruß nicht versagt haben.

                                                       Julius Petersen

            (1935 Vorsitzender der Goethe-Gesellschaft)

 

Was bin ich denn selbst, was habe ich geleistet? Alles, was ich gesehen habe, gehört und beobachtet, habe ich gesammelt und ausgenutzt. Meine Werke sind von unzähligen verschiedenen Individuen genährt worden, von Ignoranten und Weisen, Leuten von Geist und Dummköpfen; die Kindheit, das reife Alter, das Greisenalter, alle haben mir ihre Gedanken entgegengebracht, ihre Fähigkeiten, Hoffnungen und Lebensansichten, ich habe oft geerntet, was andere gesäet haben. Mein Werk ist das eines Kollektivwesens, das den Namen Goethe trägt.

 J. W. Goethe

Das Stück entstand in Zusammenarbeit mit der Wetzlarer Arbeitsloseninitiative (Wali), die sich ein Jahr lang mit Goethe beschäftigte und mich beauftragte, die Ergebnisse ihrer Arbeit vorzutragen.

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